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31. Oktober 2002

8. Bundesweiter Aktionstag der Kommunalen Kinos: Experiment Zukunft

"Experiment Zukunft" ist das Motto des 8. Bundesweiten Aktionstages der Kommunalen Kinos, der am 31. Oktober 2002 stattfindet. Wenn seit einigen Jahren von der Zukunft des Kinos die Rede ist, dann meinen viele namhafte Regisseure, die sich hier zu Wort melden, etwa George Lucas, Peter Greenaway oder Wim Wenders, aber ebenso die Vertreter der Film- und Kinoindustrie vor allem den Spielfilm, seine digitale Produktion, digitale Distribution und schließlich seine digitale Vorführung im Kino. 

Inzwischen haben sich aber an anderer Stelle längst ganz neue Formen für die Herstellung und Verbreitung bewegter Bilder entwickelt. Die Formate heißen hier nicht mehr 16mm, 35mm oder VHS, sondern Flash, Java-Script, Quicktime, Realvideo und Stream, ihr digitales Distributionssystem ist das Internet, ihr digitaler Aufführungsort ist der Computer. Es sind nicht zuletzt renommierte Vertreter des unabhängigen und experimentellen Films, wie Michael Brynntrup, David Larcher oder Al Razutis, die diese Entwicklung vorangetrieben haben. Daneben entdecken zunehmend auch Medienkünstler der jüngeren Generation diese neuen Möglichkeiten für sich. Ist hier inzwischen ein vitales anderes 'Kino' entstanden? Mit einer eigenen künstlerischen Qualität, die von den traditionellen Kinozuschauern noch weitgehend unbemerkt ist? Mit dieser etwas zugespitzten Frage werden sich die Kommunalen Kinos an ihrem Aktionstag befassen. Und zwar in Form einer

Live-Performance via Internet: Streaming Media
Dauer: ca. 90 Minuten, Do 31.10., Beginn der Übertragung 18:30 Uhr, OBENKINO im Glad-House

In Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM), Karlsruhe, das am 15. November 2002 die Ausstellung "Future Cinema" eröffnen wird, führt der Bundesverband für kommunale Filmarbeit eine Veranstaltung durch, die ab 19 Uhr im ZKM stattfindet und als 'live stream' in die angeschlossenen Kinos übertragen wird. Verschiedene Beiträge stellen unterschiedliche technische Entwicklungen sowie exemplarische künstlerische Anwendungen von Streaming Media vor, die einen Überblick über das derzeitige Angebot in diesem Gebiet geben. Einzelne Beiträge (Vortrag und Demonstration, jeweils ca. 15 Minuten):

Arne Gräßer: Was ist "Streaming"?
"Streaming" beschreibt den Prozess des Aufteilens von Video- und/oder Audiodaten in Pakete, die dann über jegliche Art von Netzwerken versandt werden können. Der Computer des Betrachters setzt diese Einzelpakete wieder zu einem flüssigen Video/Audio zusammen. Die Angebote im Bereich des Streaming sind durch den Ausbau von breitbandigen Internet-zugängen mittlerweile eine interessante Alternative zu herkömmlichen Kabel/Funk/Satelliten-Übertragungen. So existieren schon seit längerer Zeit Radiostationen, welche ihr Programm in hervorragender Qualität nur über das Internet austrahlen. Ein Vorteil der Distribution von Filmen/Musik über Netzwerke liegt in der Bidirektionalität und der damit verbundenen Möglichkeit, sich dem Medium individuell zu nähern und gleichzeitig Feedback oder sogar Einfluss auf das Geschehen nehmen zu können. Die Streaming-Technik ist deshalb oft eng mit anderen Techniken des Internet verknüpft, wie beispielsweise Chat, Foren, Info-Webseiten etc. Ein Ereignis kann über Streaming z.B. so dargestellt werden, dass jeder Benutzer den Blick-winkel auf das Geschehen selbstverantwortlich wählen kann. Das sogenannte 360°-Streaming übermittelt dem Benutzer sämtliche Blickweisen einer Veranstaltung, so dass er etwa bei einem Konzert die Band oder das Publikum anschauen kann. Beispiele sind online verfügbar mit dem Hinweis "archiv stream" unter: www.intermedium2.de/d/showroom. Der wohl grösste Vorteil von Streaming liegt jedoch in der immensen Kostenersparnis. Im Gegensatz zu sehr teuren Satellitenübertragungen lässt sich mit relativ günstiger Hardware nahezu die ganze Welt über das Internet versorgen. 

Dr. Karin Wehn, Universität Leipzig: Flash als Jedermann-Werkzeug
Die vektorbasierte Animationssoftware Flash hat die Produktion, Distribution und Rezeption von Animationsfilmen im World Wide Web revolutioniert. Für die Produktion von Flash-Filmen reicht ein durchschnittlicher Rechner, die fertigen Filme sind durch ihre kleine Dateigröße im Vergleich zu komprimierten gestreamten Videofilmen ideal für die sofortige Verbreitung im "schmalbandigen" Internet. Ein aufschlussreiches Beispiel war die Flut an Flash-Filmen, die als Reaktion auf die Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA entstand. Wenige Wochen später kursierten Hunderte von Animationen und Spielen, die sich mit äußerst schwarzem Humor Osama Bin Laden und Alquaida annäherten, im Netz. Sie wurden vor allem von Amateu­ren produziert. Sie fanden auch ein Publikum: Auf den gängigen Filmportalen führten sie über Monate die Hitlisten der meistgesehendsten Filme an.
Ein weiterer Text von Karin Wehn zum Thema findet sich unter: http://www.uni-leipzig.de/~kmw/newwws/archiv/01_11_30/index.html 

Ulrich Wegenast: 3D-Virtual Reality als neues kinematographisches Dispositif?
In der Geschichte des Kinos und der Medien bestand schon immer der Wunsch, den Betrachter in das Bild eintauchen zu lassen. Die Panoramagemälde des 19. Jahrhunderts haben diese immersiven Bildwelten wohl am konsequentesten entwickelt. Nicht ohne Grund gelten sie als Vorläufer des Kinos und des Cyberspace. In der dreidimensionalen Multi-User-VR scheinen unterschiedliche Entwicklungen technologischer und kultureller Art zusammenzufliessen: Interaktivität, Dreidimensionalität durch die Virtual Reality Modelling Language (VRML) und Multi-Userfähigkeit. Computerspiel und Film, insbesondere computeranimierte Filme, scheinen sich zunehmend miteinander zu vereinigen. Besucht man virtuelle dreidimensionale Welten, erkennt man schnell, daß eine Vielzahl der Begrifflichkeiten der Kinematographie übernommen wurden. Es gibt Kameraperspektiven u.ä. Gleichzeitig findet dadurch eine Festschreibung der Möglichkeiten und Ästhetik im dreidimensionalen Cyberspace statt. Der Horizont und die Zentralperspektive haben in kommerziellen VRML-Projekten längst Einzug gehalten, obwohl es sich um einen horizontlosen Raum handelt. Avatare, die den User im Netz repräsentieren sollen, sehen nicht anders aus wie die üblichen Comic- und Cartoon-Charaktere. Und wieder scheint sich eine Art von Aufspaltung von künstlerischen und kommerziellen Projekten zu vollziehen, wie wir sie aus der Geschichte des Films mit der Kategorisierung von Spielfilm und Experimentalfilm kennen. Kann diese unnötige und hinderliche Aufsplittung in Kategorien und Genres durch die neuen Distributionskanäle des WWW verhindert werden? Lohnt sich überhaupt eine Betrachtung von dreidimensionalen VR-Projekten aus einer Perspektive des Films? Wie sehen überhaupt die bisher entwickelten Projekte aus? In der Präsentation wird die Arbeit der australischen Medienkünstlerin Melinda Rackham vorgestellt. Sie verzichtet auf eine Konstruktion von Horizonten und Perspektiven. In ihrem Projekt ”Empyrean" kombiniert Rackham Sprachfragmente mit dem ”Lost-In-Space-Syndrom". Das Eintauchen in Texturen und Worte einzelner Zonen, die nach unterschiedlichen Begriffen wie ”Beauty" oder ”Chaos" geordnet sind, möchte die Leere (”Void") des virtuellen Raumes vor dessen Kolonialisierung sichtbar machen. Melinda Rackham bezeichnet dieses Zonen als e-spaces. Die hautartigen Flächen und Formen verzichten auf architektonische Härte üblicher "Cyberworlds". Die von Rackham kreierte Welt ist non-hierarchisch aufgebaut und in vielen Fällen entspricht sie den Prinzipien, wie sie aus der feministischen Filmwissenschaft bekannt sind. Gibt es tatsächlich eine Kontinuität von den ”Filmarbeiterinnen" zu den ”3D Girls", wie die Schöpferinnen von 3D-Welten von der Medientheoretikerin Kathy Rae Huffman bezeichnet werden?
http://www.subtle.net
http://www.wand5.de/fiwi2001/xml/kathy.html

Tamas Waliczky: Unbegrenzt interaktiv
Geboren 1959 in Budapest. Medienkünstler, Maler, Illustrator und Fotograf. Erste Animationsfilme 1968. Erste Computerarbeiten 1983. Artist-in-residence im ZKM Karlsruhe 1992. 1997-2002 Gastprofessur an der HBK Saar, Saarbrücken. 1998/99 Artist-in-residence an der IAMAS in Gifu, Japan. zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Golden Nica des Prix Ars Electronica, Linz. Zahlreiche Ausstellungen weltweit: Biennale Lyon, ICC Gallery Tokyo, Multimedia Karlsruhe, Centre Georges Pompidou, Paris; The Oppenheimer Collection, Bonn; Scan Gallery, Tokyo.

For the first time internet meant only the e-mail for me. Later I started to enjoy the electronic newspapers. It was great to be able to read my favourite hungarian and english newspapers sitting in a Japanese studio for example. But it took me again one or two more years untill I decided to produce my own web-site, and even this web-site was only an electronic catalog, an information source about my activity, with some images and texts about the artworks of mine. It was - and it is - very usefull, but still not something I can call artwork designed especially for the internet. I gave honour to those artists who took the internet serious for the first time, but I simply could not imagine the internet as a proper environment for exhibiting artworks.
My opinion has been changed in the year 2001. As a guestprofessor of an art academy, I recognized that in such a place, where a 24 hours continuous high speed internet connection is available, after a while the students start to use internet as the main information source. It was more acceptable and easier to use for them than television, cinema or traditional exhibitions. At the same time I've learned new internet technologies, like Macromedia Flash and Shockwave, and such great freewares like Alice from Carnegie Mellon University or the new version of Blender 3D animator. These new technologies showed me the time with still images and text is over, finally there is a possibility to produce moving images with sound and even with realtime 3D content for the internet.
 The works I am going to show at "Streaming Media" event were produced with Macromedia Director version 8.5. This Shockwave format is perhaps not as popular like Flash, but from one side it has several special advantages (one of the most important advantage for me was the possibility to control every vertex independently by Lingo programming language), and from the other side I used the earlier versions of Director to produce cd-roms, therefore the program was familiar to me.
http://www.waliczky.de 

David Larcher: Streaming – Möglichkeiten und Grenzen in der praktischen Medienarbeit
At the KHM we have been streaming live mixes since we first started to do these in may ’97. The context of these mixes is David Larcher’s Wednesday seminar where they are intended as hands-on experience with both the studio and the post production suite.  They are streamed using Real Producer and the video is generated from a mix of 2 studio betacam cameras via the Sony 9000 digital mixer. Since we have 3 channels of DVE (digital video effects) one of which is a Charisma, the content tends to take low priority and the chaotic and unpredictable nature of  the “anything goes” praxis produces a visually overloaded mix of redundant conversation and pedagogic uncertainty. When guests are invited to join the seminar the result can look like a cross between a mad talk show and a Beckett play..  The mixes are generally archived to digibeta and a few are posted on the web as a video-schrott-bank at http://www.scs.khm.de/index02.html
During his presentation David Larcher will be showing short extracts from these mixes.. either live from the website or off the archive tapes, the format of the talk being partly dependent on the download speed. The fast changing pace of development of web streaming protocols and compression algorithms ensures that nothing is ever finalized.. the content is determined by a sort of perpetual “work in progress”.

 

Flashfilm-Vorführung von CD-ROM

Im Anschluß an den theoretischen Teil besteht die Möglichkeit, sich einen Überblick zu verschaffen, was junge Künstler mit dem im Internet am meisten verbreiteten Animationsformat zu kreieren in der Lage sind. Eine Zusammenfassung von solchen Arbeiten liegt dem OBENKINO auf CD-ROM vor.